Branchentag Avenergy/Strasseschweiz
«Die Treibstoffzölle gehen wegen der E-Mobilität in die Knie»
26. Oktober 2021 agvs-upsa.ch – Wie sieht die Finanzierung der Strasseninfrastruktur in Zukunft aus? Dieser Frage gehen am Branchentag von Avenergy Suisse und Strasseschweiz Fachexperten aus verschiedenen Branchen auf den Grund. Im Vordergrund steht eine kilometerabhängige Abgabe.
Astra-Direktor Jürg Röthlisberger referiert am Branchentag von Avenergy Suisse und Strasseschweiz. Fotos: Istock, AGVS-Medien
Astra-Direktor Jürg Röthlisberger referiert am Branchentag von Avenergy Suisse und Strasseschweiz. Fotos: Istock, AGVS-Medien
kro. Die Architektur der Finanzierung der Strasseninfrastruktur der Schweiz steht auf zwei Säulen: jene der Einnahmen und jene der Ausgaben. Letztere ist mit dem vom Volk und Ständen am 12. Februar 2017 angenommenen Nationalstrassen- und Agglomerationsfonds (NAF) beschlossen und fixiert. «Der NAF», hielt Astra-Direktor Jürg Röthlisberger in einem Ausführlichen Interview im Fachmagazin AUTOINSIDE 09/21 fest, «ist eine gut austarierte Ausgabenarchitektur, an der auch die anderen beiden Staatsebenen – Kantone und Kommunen – partizipieren.» Die Einnahmenstruktur hingegen, so Röthlisberger weiter, «müssen wir völlig umstellen.» Sie basiert heute auf den Treibstoffzöllen, die, so Röthlisberger, «mit der E-Mobilität in die Knie gehen werden.»
Das Bundesamt für Strassen hat vom Bundesrat den Auftrag, bereits bis Ende des laufenden Jahres ein Aussprachepapier für eine neue Finanz- bzw. Einnahmearchitektur vorzulegen. Das Ziel: die Treibstoffzölle zu ersetzen. Und da man das Kilowatt nicht besteuern kann, wird die neue Finanzarchitektur laut Röthlisberger auf eine kilometerabhängige Abgabe hinauslaufen. Dazu wird eine Volksabstimmung nötig sein.
Wenig Änderungen für Autofahrer
Die Idee, über die Astra-Direktor Jürg Röthlisberger am heutigen Branchentag referiert, geht grundsätzlich in Richtung kilometerabhängige Abgabe. Für die Automobilisten würde sich bei einem solchen Systemwechsel grundsätzlich nicht viel ändern, denn faktisch bezahlen sie via Treibstoffzoll schon heute den Kilometer, den sie zurücklegen. Grundvoraussetzung dafür wären verlässliche Daten, wieviel Kilometer mit dem jeweiligen Fahrzeug zurückgelegt werden, also ähnlich, wie man das heute im Schwerverkehr mit der LSVA kennt. Die Herausforderung besteht vielmehr darin, an diese Daten zu kommen. «Ideal wäre es», sagt Jürg Röthlisberger dazu, «wenn die Fahrzeughersteller diese Daten zur Verfügung stellen könnten». Mit der ganzen Sensorik, die heute in den Fahrzeugen verbaut ist, wäre das kein Problem. Aber, so Röthlisberger: «Wir kommen nicht an diese Daten heran».
Wann kommt Mobility Pricing?
Im Zentrum der Diskussion am Branchentag steht deshalb die Frage, welche Rolle «Mobility Pricing» als Grundlage für ein neues Finanzierungssystem spielt, was die Anforderungen aus Sicht der Marktteilnehmer sein müssen und wie die politischen Rahmenbedingungen für ein akzeptables Mobility Pricing aussehen können. Darüber diskutieren unter anderem Daniel Hofer, Präsident Avenergy Suiss, François Launaz, Präsident von Auto-Schweiz, TCS-Zentralpräsident Peter Goetschi und Nationalrat Albert Rösti (SVP/BE). Einfluss hat dabei auch die Diskussion um die Kostenwahrheit der einzelnen Verkehrsträger. Zu diesem Thema referiert Reiner Eichenberger von der Universität Fribourg.
Mobility Pricing
Unter Mobility Pricing ist eine benützungsbezogene Abgabe für Infrastrukturnutzung und Dienstleistungen im motorisierten Individualverkehr (MIV) und im öV zu verstehen. Ziel ist es, die Mobilitätsnachfrage zu beeinflussen bzw. zu steuern. Sowohl Strasseschweiz als auch Auto-Schweiz stehen der Einführung eines Mobility Pricing ablehnend gegenüber – unter anderem, weil dafür ein teurer Überwachungsapparat installiert werden muss und die Wirksamkeit auch unter Experten umstritten ist. Beide Organisationen berufen sich überdies auf die Bundesverfassung, die festhält, dass die Benützung öffentlicher Strassen gebührenfrei ist.
Für Strasseschweiz müssen eine Reihe von Grundvoraussetzungen für die Bereitschaft, über Mobility Pricing zu diskutieren gegeben sein, unter anderem:
- Die demokratische Legitimation muss gewährleistet und respektiert sein
- Ein einzuführendes System muss bundesweit und einheitlich etabliert werden
- Die Steuerneutralität muss gewährleistet und respektiert sein
- Die Strasseneinnahmen müssen verfassungsgemäss dem NAF zugunsten der Finanzierung der Strasseninfrastruktur zugewiesen werden
Unter Mobility Pricing ist eine benützungsbezogene Abgabe für Infrastrukturnutzung und Dienstleistungen im motorisierten Individualverkehr (MIV) und im öV zu verstehen. Ziel ist es, die Mobilitätsnachfrage zu beeinflussen bzw. zu steuern. Sowohl Strasseschweiz als auch Auto-Schweiz stehen der Einführung eines Mobility Pricing ablehnend gegenüber – unter anderem, weil dafür ein teurer Überwachungsapparat installiert werden muss und die Wirksamkeit auch unter Experten umstritten ist. Beide Organisationen berufen sich überdies auf die Bundesverfassung, die festhält, dass die Benützung öffentlicher Strassen gebührenfrei ist.
Für Strasseschweiz müssen eine Reihe von Grundvoraussetzungen für die Bereitschaft, über Mobility Pricing zu diskutieren gegeben sein, unter anderem:
- Die demokratische Legitimation muss gewährleistet und respektiert sein
- Ein einzuführendes System muss bundesweit und einheitlich etabliert werden
- Die Steuerneutralität muss gewährleistet und respektiert sein
- Die Strasseneinnahmen müssen verfassungsgemäss dem NAF zugunsten der Finanzierung der Strasseninfrastruktur zugewiesen werden
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