Die meisten fahren gar nicht «normal»

EcoDrive

Die meisten fahren gar nicht «normal»

19. Mai 2020 agvs-upsa.ch – Das allgemeine Interesse an nachhaltiger Mobilität steigt. Das ist die ideale Basis für die Quality Alliance Eco-Drive mit ihrer EcoDrive Rallye. Was viele nicht wissen: EcoDrive ist eigentlich keine spezielle Fahrweise, sondern der ganz normale Fahrstil, der die aktuelle Motorentechnik optimal nutzt.

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EcoDrive-Tipp 10: Nutzen Sie den Schwung, um Treibstoff zu sparen. Lassen Sie zum Beispiel das Auto vor Kreuzungen rollen bzw. segeln - im eingelegten Gang, ohne Gas. Das Auto fährt so mit der Schubabschaltung und benötigt keinerlei Treibstoff mehr resp. segelt im Leerlauf. Bei Elektro- und Hybridfahrzeugen wird durch das Loslassen des Gaspedals die Rekuperationsfunktion genutzt und Energie zurückgewonnen. Quelle: EcoDrive
 
kro. Herr Langendorf, die EcoDrive Rallye ist vorbei und eine unter vielen Fragen lautet: Wie viele Punkte haben Sie persönlich gemacht?
Reiner Langendorf, Geschäftsführer EcoDrive: Alle natürlich! Spass beiseite - selbstverständlich durfte ich als Mitarbeiter nicht mitspielen. Durch die intensive Vorbereitung sind mir die Antworten jedoch alle bekannt. Das Spektrum der Fragen in der Rallye ist allerdings sehr breit, damit das Mitspielen auch wirklich interessant ist und Spass macht. Bei den Fragen, die sich nicht direkt um EcoDrive drehen, musste auch ich in der Testphase die Links rege nutzen… 

Die EcoDrive Rallye bekamen dieses Mal auch Support von Langlauf-Star Dario Cologna. Was hat das gebracht?
Das Engagement von Dario Cologna hat uns sehr gefreut. Einen Sympathieträger wie ihn mit dabei zu haben ist immer ein Gewinn. Dario Cologna hat übrigens, wie auch beim Langlauf, ziemlich gut gepunktet. Leider können wir nicht detailliert auswerten, wie viele Teilnehmer auf seinen Aufruf reagiert haben. 

Stellen Sie fest, dass das Wissen um umweltschonenderes Fahren grösser wird, indem der Anteil an richtig beantworteten Fragen zunimmt?
Wir sehen, dass sich die Teilnehmerinnen und Teilenehmer intensiv mit den Tipps auseinandersetzen. Durchschnittlich für ca. 3 Minuten pro Frage – das haben wir so nicht erwartet. Aus diesen doch relativ langen Verweilzeiten lässt sich eine Wissenszunahme ableiten. Wir wissen allerdings nicht, ob die Antwort jeweils auch ohne die Nutzung der Tippfunktion richtig gewesen wäre, die Information im Tipp also vor allem eine bestätigende Wirkung hatte. 

Wo haben Sie die grössten Hürden bei den Fragen registriert? Bei welchen Fragen gab es am meisten falsche Antworten?
Die eine oder andere Frage war schon etwas tricky und man musste genau lesen, sonst lag man daneben. Rechenaufgaben und Fragen zu Statistiken hatten deutlich mehr falsche Antworten als im Durchschnitt. 

Mit einer Tipp-Funktion helfen Sie bei den Fragen jeweils, die richtigen Antworten zu finden. Wird die oft genutzt bzw. benötigt?
Die Tipp-Funktion wird erfreulicherweise rege genutzt – konkret bei 58 Prozent der ausgespielten Fragen, also knapp 500’000-mal bei der Frühlingsrallye. Im Durchschnitt wurden 82 Prozent der Fragen richtig beantwortet, die Tipp-Funktion hat hier sicher einen positiven Einfluss.

Planen Sie im Hinblick auf die nächste Runde der EcoDrive Rallye im Herbst Änderungen? Welche?
Wir spielen ab dem 7. September die fünfte und vorerst letzte Rallye. Es steckt bereits viel Erfahrung im Spiel und wir haben aufgrund der Feedbacks der Teilnehmerinnen und Teilnehmer laufend Optimierungen vorgenommen. Für die nächste Rallye sind wir auf einem guten Stand. Natürlich gibt es neue Fragen und, ganz wichtig, die Preise werden aktualisiert. Soviel sei schon hier verraten: Es gibt wieder attraktive Gewinne. 

Die Quality Alliance Eco-Drive besteht seit 20 Jahren und hat zum Ziel, die motorisierten Verkehrsteilnehmer für eine treibstoffschonende Fahrweise zu sensibilisieren. Registrieren Sie da eine lineare Zunahme des Interesses oder ist das auch konjunkturabhängig?
Das Interesse am Thema ist aus verschiedenen Gründen gestiegen. Einerseits sind die Themen Energie und CO2 in jüngster Zeit z.B. aufgrund der neuen CO2-Zielwerte für Neufahrzeuge, der grossen Abweichungen der NEFZ-Werte vom realen Verbrauch und auch der allgemeinen Klimadiskussion stärker in den Fokus gerückt. Andererseits ist EcoDrive ein Thema sowohl bei der Neulenkerausbildung als auch bei der obligatorischen Weiterbildung von Berufschauffeuren geworden. Beides unterstützt das allgemeine Interesse. Aber dennoch kennen viele Autolenkerinnen und Autolenker die Vorteile der modernen Fahrweise, sprich EcoDrive, noch nicht – oder sind zu sehr in alten Mustern gefangen. Übrigens: die neuen WLTP-Werte können gemäss TCS mit der EcoDrive-Fahrweise erreicht werden. 

Wird automatisch weniger auf den Fahrstil geachtet, wenn der Treibstoff so billig ist wie gerade jetzt?
Die Einsparung an der Tankstelle ist nur ein Vorteil von EcoDrive. Die Fahrt wird auch sicherer und entspannter. Und das Fahrzeug wird geschont. EcoDrive ist eigentlich keine spezielle Fahrweise, sondern der ganz normale Fahrstil, der die aktuelle Motorentechnik optimal nutzt. Um auf Ihre Frage zu antworten: die Geldeinsparung ist nur ein Teil der Betrachtung – und in der mehrheitlich wohlsituierten Schweiz vielleicht auch nicht das entscheidende Argument. Themen wie Sicherheit oder rücksichtsvolleres Verhalten im Verkehr sind mindestens so wichtig – und vielleicht vermehrt auch die allgemeine Diskussion rund um Klimafragen. 

Moderne Autos verbrauchen bei höherer Leistung im Vergleich zu früher deutlich weniger Treibstoff. Wie gross kann der Beitrag des Fahrers am Treibstoffverbrauch bzw. an der Treibstoffeinsparung sein?
In den Kursen sehen wir für Personenwagen Einsparungen von 10-15%. Es könnten also in der Schweiz hochgerechnet auf alle Autofahrerinnen und Autofahrer über 500 Mio. Liter Treibstoff eingespart werden. Pro Jahr! Und das ohne irgendwelche Einschränkungen, aber mit mehr Komfort. Untersuchungen und eigene Tests zeigen, dass das Potential sogar bei 30% liegen kann. Da ist also noch Luft nach oben.

Ihre Kampagnen richten sich grundsätzlich an alle Autofahrerinnen und Autofahrer in der Schweiz. Gibt es so etwas wie eine Kernzielgruppe? 
Unsere Aufgabe ist, alle aktiven Automobilistinnen und Automobilisten in der Schweiz über die energieeffiziente und sichere Fahrweise zu informieren, das Thema immer wieder in Erinnerung zu rufen. Wir kennen es alle aus eigener Erfahrung: um langjährige Gewohnheiten zu verändern braucht es fast permanente Stupser. Insofern sprechen wir mit allen Personen, die in einem Fahrzeug unterwegs sind. Unabhängig von Fahrzeugtyp, Fahrzeuggrösse oder Alter des Fahrzeuges. In der konkreten Projektarbeit richten wir uns jedoch schon an einzelne Gruppen wie Flottenfahrer, Chauffeure, Garagisten aber auch den privaten Fahrer von jung bis alt.

Grundsätzlich erwünscht ist eine nachhaltige Verhaltensänderung bei den Automobilisten, nachdem sie mit dem Wissen über eine ökonomische und ökologische Fahrweise ausgestattet wurden. Was schätzen Sie, wie viel Prozent der Teilnehmer an der EcoDrive Rallye setzen das Erlernte tatsächlich und über eine längere Zeit um?
Das ist eine schwierige Frage, auf die wir sehr gerne eine genaue Antwort kennen würden. Um das exakt zu wissen, wäre eine detaillierte Studie zwingend: Man müsste das Fahrverhalten und die Verbräuche einer Person und ihres Fahrzeugs lange vor einer Information bzw. eines Kurses erfassen und anschliessend die Messungen fortsetzen, um den Effekt konkret beziffern zu können. Beides ist im Alltag nur schwer möglich. Wechselnde Fahrer, Fahrzeugtausch, veränderte Anwendungsbereiche usw. erschweren Langzeitbetrachtungen zusätzlich. Insgesamt wäre das sehr aufwändig. Wir müssen uns deshalb mit einer Annäherung zufriedengeben und von Firmen und Gemeinden lernen, die durch Schulung der Mitarbeiter die Treibstoffkosten senken konnten. Ganz wichtig in diesem Zusammenhang ist auch das reduzierte Unfallrisiko. 

Bei EcoDrive geht es nicht nur um nachhaltiges, sondern auch um vorausschauendes und damit um sichereres Fahren. Wie wichtig ist Ihnen dieser Aspekt?
Eine sehr wichtige Frage. Beim Autofahren steht auch für uns die Sicherheit an erster Stelle, erst dann kommen die Themen Energieeffizienz und Komfort. Zum Beispiel könnte man ca. 5 Prozent Treibstoff sparen, wenn man die Klimaanlage immer abstellt. Aber hohe Temperaturen im Auto reduzieren die Konzentrationsfähigkeit und damit die Sicherheit. Der dazugehörige EcoDrive-Tipp besagt daher, die Klimaanlage nur dann auszuschalten, wenn es draussen unter 18 Grad und die Scheibe frei ist. Die Klimaanlage hat dann keinen Nutzen, braucht aber zusätzlichen Treibstoff. Ist es aber warm oder gar heiss, oder ist die Scheibe beschlagen: Klimaanlage unbedingt nutzen!

Moderne Fahrzeuge weisen inzwischen eine breite Palette an Assistenzsystemen auf, die aktiv mithelfen, Sprit zu sparen. Heisst das, dass es Sie bald nicht mehr braucht?
Die moderne Technik unterstützt die Autofahrerinnen und Autofahrer. Das ist gut so. Entscheidend bleibt aber der Mensch, der die Technik richtig einsetzt und bedient. Auch bei automatischen Getrieben und alternativen Antriebstechniken. Vergessen wir nicht: Das durchschnittliche Alter des Schweizer Autoparks liegt bei 8,6 Jahren und längst nicht alle Neufahrzeuge werden mit umfassenden Assistenzsysteme verkauft. Eine aktuelle Studie der bfu zeigt zudem, dass die Fahrassistenzsysteme oft ausgeschalten werden. Und bis wir alle autonom fahren, wird es noch dauern… Ergo: Der Mensch behält das Steuer noch eine Weile selbst in der Hand. Da können wir mit EcoDrive weiterhin einen Beitrag leisten.

Was braucht es, damit ressourcenschonendes Fahren zum «Volkssport» wird?
Die 100’000-Franken Frage… Wir glauben, es braucht das Bewusstsein, dass der Mensch bezogen auch Sicherheit und Energieeffizienz gegenwärtig der entscheidende Faktor ist und auch noch eine Weile bleibt. Und es braucht die Bereitschaft aller Beteiligten, sich laufend mit der neuen Technik auseinander zu setzen, damit sie auch wirklich angewendet wird. Nehmen Sie das Velofahren als Beispiel, da machen wir es automatisch richtig: Wir pumpen den Pneu etwas stärker auf, vermeiden Ballast, nutzen den Schwung, lassen rollen, fahren in hohen Gängen. So einfach ist es auch beim Autofahren. Man muss es einfach tun. 
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